RESULTS OF EXPEDITIONS 2006/07 – advance report

Vorlaeufiger Expeditionsbericht

Eine zweimonatige Expedition zum Gilf Kebir Plateau hat unerwartete Erfolge gezeitigt, so dass bereits jetzt, am 24.12.06 von Cairo aus, eine Vorabinformation erfolgt. Auf der Expedition wurde folgendes erreicht:

A.) Die Entdeckung des “KUFRA-TRAILS” (KT), einer weiteren 6. Dyn. Route von Dakhla zum Gilf Kebir.

  1. Der Weg fuehrt vom Meri-Felsen bis zum GAP (Ost) des Gilf Kebir und ist durch etwa 150 Alamat, einige noch verbliebene Spuren sowie (ab dem Laengengrad von Muhattah Jaqub)  durch mit Claytons bestueckte Stationen gekennzeichnet. Oestlich des Muhattah Jaqub-Laengengrades findet man wenige Topfscherbenreste an einigen Rastplaetzen aber keine Claytons.
  2. Zeichen (Wasms) auf den freiliegenden Claytons, die in “abstrahierter Form” an einen Rinderschaedel erinnern, deuten darauf hin, dass der Weg als Rinder-Trift etabliert und genutzt wurde.
  3. Ein Clayton ist hoechstwahrscheinlich identisch mit dem geschlemmten Krugmaterial auf dem Tariq Abu Ballas  (TAB). Daher ist anzunehmen, dass das Relikt in den von den Franzosen gefundenen Brennoefen von Ain Asil zusammen mit dem geschlemmten Abu Ballas Krugmaterial waehrend der 6. Dyn. hergestellt wurde.
  4. Auf dem KT wurden zwei ehemalige Wasserstellen gefunden. Eine am Ostrand des Gilf, eine zweite noerdlich von Abu Ballas. Alamat und ein Windschirm suedlich der letzten Wasserstelle deuten auf eine Wasserversorgung der Abu Ballas Station von diesem “Brunnen” aus hin. (LATERAL WATER-SUPPLY)
  5. Endlich gelang es, Wilkinsons “ANOTHER WADI” zu identifizieren, welches von einer Reihe arabischer(?) Karawanenwege durchschnitten wird.
  6. Ein etwa 10 km langer Gelaendeschnitt an anderer Stelle erbrachte, dass anscheinend vier weitere mit Claytons bestueckte antike Trassen zum Gilf Kebir fuehren. Eine dieser Trassen scheint ueberdies mit jeweils einem Wasserkrug (derzeit unbestimmten Alters, aber sehr gut erhalten) pro Station bestueckt gewesen zu sein. Ich nehme Altreichsprovenienz an.
  7. Im Gegensatzt zum TAB passt sich der KT harmonisch an das Gelaende an, strebt also nicht vollkommen gradlinig zum Gilf Kebir, sondern erlaubt sich auf manchen Partien von mit Alamat markierte Abweichungen von der Ideallinie, die bis zu 20 Grad nach beiden Seiten betragen. Insofern vermittelt der KT den Eindruck einer “Privatstrecke”, die nach der Etablierung der altaegyptischen Herrschaft in Balat zum Zwecke des Handelsaustausches (Rinder gegen Getreide(?), Wein(?), Textilien(?) zustande kam.
  8. Waehrend der TAB “regierungsseitig” die Austauschbeziehungen zwischen dem pharaonischen Dakhla und dem Sued-Gilf/Uweinat/Ennedi zusammenfasste und durch die systematische Anlage von Krugdepots verstetigte, ist, was den Nordgilf anbetrifft, ein solches Interesse der altaegyptischen Oasengoverneure bisher nicht zu erkennen. Die Rinderhirten im Raum des Nord-Gilf/der Kufra-Region selbst scheinen hier aus eigenem Antrieb mehrere Routen waehrend der 6. Dyn. etabliert zu haben. Diese Routen konnten nach flaechendeckenden periodischen Niederschlaegen und gefuellten “Brunnen” genutzt werden, um in Balat/Dakhla Vieh gegen fuer die Rinderhirten begehrenswerte Dinge einzutauschen. Von G. Rohlfs’ “Drei Monate in der Libyschen Wueste”  wissen wir, dass bis in die Neuzeit hinein gelegentlich “herrenlose” Rinder und eine schwarzhaeutige Frau mit unverstaendlicher Sprache  aus Richtung Suedwesten in Dakhla auftauchten. Sie stellen wohl die letzte Erinnerung an jene Handelstradition/Austauschbeziehungen dar, die einst mit der 6. Dynastie  ihren Anfang genommen hatten.
  9. Im Lichte der neuen Entdeckungen ergibt sich fuer den TAB folgendes: Er diente wohl einer staatlich organisierten Rindertrift, die eine kontinuierliche Fleischversorgung der altaegyptischen Oasenmetropole  sicherstellen sollte. Zeugnis dafuer legt die “Kuh mit  Kalb”-Petroglyphe am Abu Ballas Pottery Hill ab. Diese Felsritzung sollte als Beleg ernst genommen werden. Eine zweite Funktion des TAB ist insofern durch die Jagddarstellung am Abu Ballas (Jaeger mit Pfeil und Bogen, Tesm und Gazelle) aufgezeigt, als die Trasse die Jagdgebiete des Gilf Kebir und des Uweinat fuer Dakhla erschloss.
  10. Mit der Entdeckung des KT geraet das Klimamodell von Kuper/Kroepelin fuer die Ostsahara weiter ins Wanken. Wenn auf dem KT absichtlich Claytons zur Lebensmittelaufbereitung waehrend der 6. Dyn.  zurueckgelassen wurden, so sind ihre Besitzer ganz offensichtlich davon ausgegangen, dass sie die Ringe zu Lebzeiten noch einmal benutzen wuerden, dass sie also mit VORHERSEHBAREN, REGELMAESSIGEN, SAISONALEN NIEDERSCHLAEGEN rechneten, die zu damaliger Zeit wohl noch ueber der Westwueste Aegyptens niedergingen. Die Niederschlaegsmengen mussten so erbiebig gewesen sein, dass an den beiden aufgefundenen Wasserstellen ein Abtraenken von Eseln und Rindern nebst dem Wasserfassen fuer den menschlichen Gebrauch moeglich war. Weil dies anscheinend der Fall gewesen war, ist auch ab einer Position noerdlich von Muhattah Jaqub bis zum Ostrand des Gilf Kebir auf dem KT keine einzige Wasserkrugscherbe mehr auszumachen.

B.) Die Entdeckung der “Lost Ochre Quarries of Kings Cheops and Djedefre”

  1. Entgegen den bereits widerlegten Behauptungen von Giancarlo Negro befinden sich die waehrend der 4. Dyn. genutzten Frabpigment-Abbaustellen nicht am Westfuss des Abu Ballas Scarp sondern in Biar Jaqub selbst. Wir fanden einen “durchgeschnittenen” Huegel (Yellow Hill) mit kleiner Bergarbeitersiedlung nahebei. In einem der dazugehoerigen stone-circles wurden Sheikh Muftah Kermaik und die Fragmente einer Clayton-Ringscheibe gesichtet. In dem “Bergwerk”, in dem offenbar  gelber Farbstoff abgebaut wurde, arbeitete also wahrscheinlich von den Altreichs-Expeditionen des Chufu bzw. des Djedefre zwangsrekrutiertes Sheikh Muftah-Personal.
  2. An anderer Stelle zeugt ein Clayton-Camp (stone-circle, Eselpetroglyphen, Spielplaene, Wasserkrugscherben, Claytonfragmente) von Einsammeln roter Farbpigmente, die in der  Umgebung in Form kleiner Pebbles vorkommen.
  3. Bereits vor 3 Jahren hatte ich zusammen mit meiner Freundin einen rechteckigen Hausgrundriss und nahebei gelegenes Trockenmauerwerk (an zwei Huegeln) gefunden; Relikte, die auf eine weitere Pigmentabbaustelle hinweisen.
  4. Damit sind drei “Bergwerke” in Biar Jaqub nachgewiesen. In keiner der Abbaustellen haette man einen Meissel benoetigt. Das Gestein am Yellow Hill laesst sich leicht abloesen. Roter “Ocker” laesst sich bequem einsammeln. Man darf gespannt darauf sein, in welcher Form K.P. Kuhlmann eines Tage die von ihm in Biar Jaqub gesichteten und fotografierten Meisselspuren vorlegt.  

C.) Die Entdeckung eines Felsbildes bestehend aus Wasserlinien, Giraffen, einer Addax-Antilope und eines “langfingrigen Menschen” (aehnliche Menschendarstellungen  am Suedfuss des Wasserbergs des Djedefre) weitab von Biar Jaqub.

Dieser lupenreine (frei von pharaonischen Einfluss) Fund belegt, dass sich gemaess meinem frueheren Vortrag Teile der altaegyptische Schriftsprache in der Westwueste Aegyptens waehrend der “GIRAFFENPERIODE” formiert haben. Am Fundplatz sind mehrere Wasserlinien sorgfaeltigst uebereinander angeordnet. Sie  haben, als Zeichen, insofern eine pragmatische Dimension, als sie eine Wasserstelle nicht nur andeuten, sondern auch beschreiben. Die Entwicklung hin zum “vollwertigen” Buchstaben (in diesem Falle des Buchstabens N der altaegyptischen Schriftsprache) mit syntaktischer, semantischer und pragmatischer Zeichendimension laesst sich an anderer Stelle beobachten. Mehr dazu spaeter in der englischen Fassung meines Expeditionsberichts.

D.) Die Aufspuerung des KT gelang im Verlauf von drei Wintern. Auf der jetzigen “Abschluss-Expedition” begleiteten mich abwechselnd vier Personen. Die Wuerdigung der “Einzelbeitraege” erfolgt im englischsprachigen Bericht.

CAIRO, 12/24/2006

Berlin, 27.12.2006